
K-278 - "KOMSOMOLETS"

Die K-278 - "KOMSOMOLETS" war ein sowjetisches Atom-U-Boot. Es wurde 1984 in Dienst gestellt. Das U-Boot sank am 7. April 1989. K-278 - "KOMSOMOLETS war ein des Projekts 685. Bei der von der NATO als MIKE-KLASSE bezeichneten U-Boot-Klasse handelte es sich um nuklearangetriebene Versuchs-U-Boote für die sowjetische Marine. Das Boot K-278 - "KOMSOMOLETS" blieb das einzige Boot dieser Klasse. Bei dem als MIKE-KLASSE benannten Projekt handelte es sich um einen fortschrittlichen U-Boot-Entwurf, der für den Test neuer Technologien ins Leben gerufen wurde. Das U-Boot sollte eine variierende Bewaffnung aus Torpedos und Anti-U-Boot-Raketen tragen. Die Anti-U-Boot-Raketen konnten sowohl mit konventionellen als auch nuklearen Gefechtsköpfen bestückt werden. Die Entwicklungsarbeiten begannen noch in den 1960er Jahren. Die Kiellegung des U-Bootes fand am 22. April 1978 statt. Dieses U-Boot bekam den Namen "KOMSOMOLETS". Das U-Boot trug die Baunummer K-278, wurde am 9. Mai 1983 zu Wasser gelassen und Ende des Jahres 1984 in Dienst gestellt. Das U-Boot war ein Prototyp und sollte das einzige seiner Klasse bleiben. Eine zweite Einheit wurde zwar in Sewerodwinsk auf Kiel gelegt, jedoch vor ihrer Fertigstellung abgebrochen. Das U-Boot wurde nach den üblichen Anforderungen der sowjetischen Marine gebaut. Es war ein Doppelhüllenboot mit folgenden, sieben abgeschotteten Abteilungen (von vorne nach achtern): Torpedoraum, Unterkünfte der Besatzung, Zentrale Reaktorraum, Elektromotoren, Turbinen, Abteilung Hilfsmaschinen. Der innere Druckkörper bestand aus leichtem und hochgradig festem Titan, das dem U-Boot die größte Tauchtiefe aller damals vorhandenen U-Boote verlieh. Das U-Boot konnte in einer Tiefe von 1000 m operieren. Diese Tiefe konnte nicht vom besten damals verfügbaren US-amerikanischen U-Boot erreicht werden. Gleichzeitig konnte das U-Boot durch die Verwendung des Titans nur sehr schwer durch MAD-Sensoren geortet werden. Die MIKE-KLASSE verfügte über eine in den Turmaufbau integrierte Rettungskapsel, welche die Besatzung im Notfall an die Oberfläche tragen sollte. Unsicherheit bestand über den Reaktortyp. Die westlichen Geheimdienste vermuteten zwei flüssigmetallgekühlte (Blei-Bismut-Gemisch) Reaktoren (vom Prinzip ähnlich dem der ALFA-KLASSE) an Bord. Die Sowjetunion dementierte dies jedoch sofort und gab an, dass das U-Boot von einem einzelnen Druckwasserreaktor üblicher Bauart angetrieben würde. Eine direkte Folge davon war die erhebliche Herabsetzung der geschätzten Geschwindigkeit des U-Bootes. Ging man anfangs von bis zu 38 kn im getauchten Zustand aus, korrigierte man sie auf weniger als 30 kn herunter. Ein direkter Nachteil der möglicherweise verwendeten, sehr speziellen flüssigmetallgekühlten Reaktoren ist die Notwendigkeit, den Reaktor-Druckbehälter ständig auf Betriebstemperatur zu halten. Ohne konstante Wärmezufuhr verfestigt sich das flüssige Metall, und der Reaktor kann nicht angefahren werden. Um den Reaktor ganz herunterzufahren (0 % Leistung), muss eine externe Zufuhr von heißem Dampf gewährleistet sein, um das Metall in flüssigem Zustand zu halten. Am 7. April 1989 brach im Heckraum der "KOMSOMOLETS" ein Feuer aus. Das U-Boot befand sich in einer Tiefe von 150 bis 380 Metern, als ein Ventil einer Hochdruckluftleitung, welche die Hauptballasttanks des U-Bootes verband, platzte und austretendes Öl (vermutlich aus dem Hydraulikventil) auf einer heißen Oberfläche Feuer fing. Die Ausbreitung des Feuers konnte jedoch nicht durch das Abschotten der Abteilungen gestoppt werden, da sich das Feuer durch die Kabelschächte des U-Bootes ausbreitete. Als direkte Folge wurde die automatische Notabschaltung des Reaktors eingeleitet, um eine Überlastung zu verhindern. Dies führte dazu, dass der Antrieb versagte. Der Mangel an Energie führte zum Systemversagen im ganzen U-Boot, darunter auch dem Ausfall der meisten Sicherheitssysteme. Dem U-Boot gelang es nach elf Minuten, die Oberfläche zu erreichen, aber der Riss im Druckluftsystem schürte das Feuer weiter an. Ein Großteil der Besatzung verließ das U-Boot. Nach einigen Stunden brach die Hülle, und das U-Boot sank. Der Kommandant sowie vier weitere an Bord verbliebene Besatzungsmitglieder versuchten sich mit der Notfallkapsel zu retten. Diese war jedoch zum Teil geflutet und mit giftigen Gasen gefüllt - nur einer von ihnen überlebte den Aufstieg zur Oberfläche. Zwar hatte die Besatzung um Hilfe gefunkt, und beim Notausstieg aus dem U-Boot waren schon Rettungsflugzeuge vor Ort, um Rettungsinseln abzuwerfen, allerdings waren nicht genug für die 50 Männer vorhanden. Von den 69 Besatzungsmitgliedern starben 42 während und nach dem Unglück, die meisten von ihnen durch Unterkühlung im kalten Wasser, da sie es nicht geschafft hatten, vor dem Notausstieg ihre Rettungsanzüge anzulegen. Das U-Boot liegt 180 km südöstlich der Bäreninsel im Europäischen Nordmeer vor der Küste Norwegens in einer Tiefe von etwa 1858 Metern auf Position ♁73° 43′ 17″ N, 13° 15′ 51″ OKoordinaten: 73° 43′ 17″ N, 13° 15′ 51″ O | | . Zum Zeitpunkt des Untergangs trug das U-Boot zwei nuklearbestückte Torpedos und acht konventionelle Torpedos. Es wurden zwei Untersuchungen eingeleitet. Eine von der Regierung der UdSSR, die andere später von unabhängiger Stelle. Beide konnten die genauen Umstände, die zum Verlust des U-Bootes führten, nicht vollständig erklären, die zweite Untersuchung sah den Hergang jedoch in Konstruktionsmängeln des U-Bootes bedingt. Ebenso wurde der schlechte Ausbildungsstand der Besatzung kritisiert. Norwegen erklärte später, dass man das U-Boot zwei Stunden vor dem Untergang per Luft oder See hätte erreichen können, allerdings sei man erst zu spät benachrichtigt worden. Die Untergangsstelle liegt in einem der fischreichsten Gebiete der Welt, und ein Austreten von radioaktivem Material könnte der Fischereiindustrie Milliardenverluste bescheren. Im Mai 1992 wurde das Forschungsschiff „Akademik Mstislaw Keldysch“ zur Unfallstelle beordert und entdeckte zahlreiche Brüche entlang der gesamten Länge der Druckhülle aus Titan. Einige waren bis zu 40 cm lang. Zudem glaubte man Risse im Primärkühlkreislauf zu erkennen. Risse in diesem Kreislauf würden es radioaktivem Material erlauben, den Reaktorkern zu verlassen und ins Seewasser und damit in die Nahrungskette zu gelangen. Im Frühjahr 1993 stufte die russische Regierung die Brüche als unbedenklich ein. Eine weitere Studie im August 1993 untersuchte die Zirkulationsbewegungen des Wassers an der Unfallstelle, stellte jedoch keine „vertikale Vermischung“ der Schichten fest und damit keine akute Gefahr radioaktiver Verseuchung. Verwundert war man jedoch über ein knapp 8 m großes Loch im Bugtorpedoraum, das mit dem Unfallhergang nicht erklärt werden konnte, aber ganz offensichtlich von einer Explosion herrührte. Bei Tauchgängen mit Kleinst-U-Booten fand man heraus, dass das Seewasser begonnen hat, die Mäntel der Gefechtsköpfe der Torpedos und die Hülle des U-Bootes zu zersetzen. Dieser Prozess wird von den schnell wechselnden Strömungen des Wassers in dem Gebiet noch beschleunigt. Würde unter diesen Gegebenheiten radioaktives Material austreten, wäre eine schnelle Verbreitung unvermeidbar. Als im Sommer 1994 bei einer Untersuchung das Austreten von Plutonium 239 aus einem der Gefechtsköpfe festgestellt wurde, versiegelte man den Torpedoschacht. Die Kosten der Bergung des U-Bootes wurden 1995 auf über eine Milliarde US-Dollar geschätzt. Zudem barg sie das Risiko, dass die Hülle bei dem Vorhaben brechen könnte. Als Ausweichplan wurde die Versiegelung des U-Bootes mit einem geleeartigen Material ins Auge gefasst. Die Umsetzung diese Plans begann am 24. Juni 1995 und wurde im Juli 1996 abgeschlossen. Es wird davon ausgegangen, dass die Hülle 20 bis 30 Jahre Schutz bietet. Untersuchungen Ende der 1990er-Jahre zeigten nur einen geringen Austritt radioaktiven Materials. Viele Details des Untergangs sind noch unklar, man geht jedoch von Fehlkonstruktionen aus. So ist es unverständlich, dass es der Besatzung nicht gelang, das Pressluftsystem zu leeren, um den Brandherden den Sauerstoff zu nehmen. Das Versagen der Sicherheitssysteme, die Ausbreitung der Brände durch die Kabelkänale sowie der Ausfall des Hauptreaktors sind weitere Ungereimtheiten. Zudem hat sich die Hülle der "KOMSOMOLETS" als nicht korrosionssicher erwiesen. Das Fluten der Rettungskapsel mit Wasser, ihre Füllung mit giftigen Gasen, das Versagen der Feuerlöschsysteme, die Entzündung des Öls auf heißem Untergrund und der Misserfolg der Besatzung bei der Bekämpfung des Feuers deuten auf einen fehlerhaften Entwurf hin.